Objekt

Das Studentenwohnhaus an der Wilhelm-Busch-Straße Hannover zeigt beispielhaft, dass eine Gebäude mit steinerner Fassade aber wesentlich Bauteilen in Holzbauweise sinnvoll sein kann. Mit Unterstützung der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung konnte das Studentenwerk Hannover sein Wohnangebot maßgebend verbessern. Insgesamt 128 Studierende
wohnen in dem umgestalteten Ensemble. Dabei wird mit den Gebäuden ein nachhaltiges, neues Zuhause angeboten. Die benachbarte, historische Bebauung stammt überwiegend aus der vorletzten Jahrhundertwende. Die Baustile sind unterschiedlich, wirken in ihrer Reihung jedoch homogen. Die Bebauung befindet sich als Ensemble und teilweise auch als Einzelgebäude unter Denkmalschutz.
Ein Ersatzneubau an der Wilhelm-Busch-Straße setzt die bestehende, gründerzeitliche Straßenrandbebauung fort. Das querstehende Bestandsgebäude bildet den Abschluss dieser Gebäudereihung und leitet zur folgenden, lockeren Einzelbebauung über. Der dreigeschossige Anbau auf der Ostseite vermittelt zwischen der Bestandsbebauung und dem Grünraum der rückwärtigen Hoffläche. Die nicht tragenden Außenwände bestehen aus vorgefertigten Holztafelelementen. Allerdings ist davon nichts mehr zu sehen. Eine vorgehängte hinterlüftete Fassade mit hellem Verblendmauerwerk reflektiert mit vertikal proportionierten Fenstern und den horizontalen liegenden Stilelementen die historische Bebauung. Durch die werkseitige Vorfertigung der Holztafelelemente aus nachhaltiger Forstwirtschaft konnte die Bauzeit deutlich verkürzt werden, bei gleichzeitig höherer Ausführungsqualität. Mit im Werk unter geregelten Montagebedingungen fabrizierten Holztafelelementen konnte auf der Baustelle die Fassade - und somit auch die wetterfeste Hülle - in nur einem Monat komplett fertig gestellt werden. Darüber hinaus sorgt der Baustoff Holz für eine deutlich verbesserte CO₂-Bilanz. Auch die vormontierten Nasszellen trugen zur Bauzeitverkürzung bei. Der Einsatz nichttragender Holztafelelemente und die Ausbildung des Tragwerks als reduzierte Skelettkonstruktion erlaubt neben der Kosten senkenden Verkürzung von Bauzeiten vor allem auch die notwendige Flexibilität zur dauerhaften Nutzung der Grundstruktur. Die im Bürobau übliche Flexibilität wird auf den Wohnungsbau übertragen. Im Sinne einer Reduktion der Ressourcenaufwendungen über den gesamten Lebenszyklus wird somit – neben der Optimierung der Energieverbräuche für die Nutzungsphase - nun auch der Aufwand für Herstellung und vor allem Umnutzung drastisch reduziert. Der Neubau ist bereits heute für zukünftige Nutzungsanpassungen vorbereitet.

Das Energiekonzept

Das Ensemble ist sowohl mit den Ersatzneubauten als auch mit dem Bestand wesentlich energieeffizienter als das Referenzgebäude nach gesetzlichem Energiestandard. Die beiden Neubauten erfüllen den Standard KfW-Effizienzhaus 40. Damit liegt der Primärenergieverbrauch bei rund ¼ der Anforderungen nach geltender EnEV 2013. Der Dämmstandard (Transmissionswärmeverluste) ist fast doppelt so gut wie gesetzlich gefordert. Die kompakte Bauform und die optimierte Dimensionierung der Fensterflächen begünstigt dies, so dass Dämmstoffstärken zwischen 18 und 24 cm ausreichen. Ein außenliegender Sonnenschutz ist nicht erforderlich. Die kontrollierte Wohnraumlüftung reduziert Wärmeverluste durch Fensterlüftung und gewährleistet dauerhafte Raumluftqualität. Das modernisierte Bestandsgebäude konnte auf das Niveau eines KfW-Effizienzhauses 100 gebracht werden. Nach nur 14 Monaten Bauzeit konnte das Studentenwohnhaus Klaus Bahlsen pünktlich bezogen werden.

Ökobilanzierung

Optimierte Ressourcenverbräuche lassen sich am besten durch eine optimierte Baustoffauswahl erreichen. Ressourcenintensive Materialen wie Beton werden auf ein Minimum für die Geschossdecken und wenige tragende Schotten reduziert und können hier ihre Fähigkeiten des Schall- und Brandschutzes sowie die thermische Speicherfähigkeit einbringen. Die für den Energieverbrauch der Nutzungsphase maßgebliche Gebäudehülle besteht aus großformatig vorgefertigten Holztafelelementen. Neben den positiven Werten der Ökobilanz des Werkstoffes Holz werden auch die materialimmanenten Vorteile von Leichtigkeit, Recyclebarkeit und Wärmebrückenfreiheit optimierend genutzt.

Würdigung der Jury Beim Holzbaupreis Niedersachsen 2018

Die Jury lobt die hohe gestalterische Qualität des Gesamtentwurfes. Der Neubauteil an der Wilhelm-Busch-Straße zeichnet sich durch eine klare Strukturierung und hochwertige Gestaltung der Fassade aus. Er nimmt Proportion und Höhenbezüge wie Trauf- und Sockelhöhe der benachbarten gründerzeitlichen Bebauung auf und führt durch die gleichmäßige Ordnung der Fenster über zur funktionsorientierten Bebauung aus den 50er Jahren am südlichen Ende des Baugrundstückes.
Holz findet Anwendung zum einen bei den Außenwänden in Form der Holztafelbauweise sowie im Bereich des Dachstuhls. Tragende Innenwände sind aus Mauerwerk, Wohnungstrennwände und Treppenhauswände aus Stahlbeton. Wenngleich der Einsatz von Holz im Bereich der Innenwände noch ambitionierter hätte erfolgen können, ist die Jury der Auffassung, dass dieser Hybrid ein gelungener Beitrag aus Sicht der ökologischen und ressourcensparenden Bauweise ist.
Die beiden Neubauten erreichen die Energieeffizienzklasse KfW-40. Damit liegt der Primärenergieverbrauch bei rund ¼ der Anforderungen nach EnEV. Sie kommen aufgrund der sehr kompakten Bauweise mit Dämmstoffstärken von 18 cm bzw. 24 cm aus. Die Jury bewertet die Energieeffizienz des gesamten Ensembles incl. Bestandsgebäude als positiv.
Die Jury ist der Auffassung, dass dieses Objekt ein Beitrag ist, der vorbildlich aufzeigt, wie Holz als Baustoff im Verbund mit anderen Baustoffen auch in hochverdichteten, urbanen, innerstädtischen Lagen sinnvoll zum Einsatz kommen kann. Einen Preis im Rahmen des Wettbewerbes kann der Beitrag nicht erreichen, erhält aber aus diesem Grund eine Anerkennung.

Objektdaten

  • Nutzungsart: Wohnen
  • Projektart: Neubau und Modernisierung
  • Fläche BGF: Neubau: ca. 2.500 m² / Sanierung: ca. 1930 m²
  • Kubatur BRI: Neubau: ca. 12.400 m³ / Sanierung: ca. 5580 m³
  • Energiestandard: KFW-Effizienzhaus 40+
  • Energiebedarf: 13,4 kWh / (m²a)

Bauweise

  • Wände / Hülle: Großformatig vorgefertigte Holztafelelemente mit Verblendziegel
  • Decken: Stahlbeton
  • Dach: Holz-Pfettendachkonstruktion

Baujahr

2017

Adresse

Wilhelm-Busch-Strasse 8/10
30167 Hannover
Deutschland

Bauherr

Studentenwerk Hannover AöR

Jägerstraße 5
30167 Hannover
Tel. (0511) 7688 022
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Architekt

ACMS Architekten GmbH

Friedrich-Ebert-Straße 55
42103 Wuppertal
Tel. (0202) 445710
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Tragwerksplaner

T|S|B Ingenieurgesellschaft mbH

Annastraße 18
64285 Darmstadt
Tel. (06151) 965990
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Zimmerei

Holzbau MOSER KG

09634 Hirschfeld

Innenausbau

Athmer & Söhne GmbH

Auf den Benken 12
49584 Fürstenau
Tel. (05901) 4546
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Fachingenieur/-in

Planungsgruppe VA GmbH

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Fotomaterial / Fotograf- Urheber

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Sigurd Steinprinz

40489 Düsseldorf