Offenes Holzbausystem soll Planung, Genehmigung und Bauablauf verkürzen

Um den Einsatz von Holz und nachwachsenden Rohstoffen beim Bau öffentlicher Gebäude zu vereinfachen, entwickelt ein Forschungsverbund unter Federführung der Hochschule Wismar ein Standard-Holzbausystem mit nachwachsenden Rohstoffen. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe unterstützt.

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© FNR e.V.

Bis Ende 2024 werden die Projektbeteiligten – neben der Hochschule Wismar und der Technischen Universität Braunschweig sind das der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) und als Praxispartner die Haas Fertigbau GmbH – ein offenes Standard-Holzbausystem für öffentliche Gebäude entwickeln. Das Holzbausystem soll unkompliziert umsetzbar sein und Planern ebenso wie kleinen bis mittleren Zimmerei- und Holzbaubetrieben die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen ermöglichen.

„Mit einem interdisziplinär entwickelten, systematischen Ansatz für den Holzbau von öffentlichen Gebäuden werden schnellere Planungs-, Genehmigungs- und Bauabläufe, einfachere Prozesse und effizientere Gebäude aus Holz möglich“, erwartet Projektkoordinator Prof. Dipl-Ing. Martin Wollensak, Prorektor der Hochschule Wismar. „Auf diese Weise lassen sich die Wettbewerbsfähigkeit des Holzbaus und der Anteil an Gebäuden in Holzbauweise bei der öffentlichen Hand maßgeblich steigern“, unterstreicht Wollensak, dessen wissenschaftlicher Schwerpunkt auf das energiebewusste und nachhaltige Bauen ausgerichtet ist.

Nutzer profitieren von Konzepten, Kalkulationen, Konstruktionskatalogen

Das von einem Beirat aus Vertretern der Wissenschaft, der Holzwirtschaft und aus Holzbauunternehmen begleitete Projekt wird in drei Stufen – Entwicklung, Anwendung, Etablierung – umgesetzt.

Vorgesehen sind unter anderem die Konstruktion und Umsetzung digitaler, auf verschiedene Nutzungsarten anpassbarer Prototypen samt Kostenkalkulation, Montage- und Rückbaukonzepten sowie Darstellung baurechtlicher Vorgaben und ökologischer Kennwerte. Die Projektbeteiligten entwickeln produktneutrale Konstruktionskataloge und ein webbasiertes Informationsportal „Standard-Holzbausysteme+nR“ und vernetzen es mit bereits existenten Holzbauportalen über BIM-Schnittstellen.

Am Ende des Projektes wird ein vollständiges Holzbausystem mit Bauteilkatalog, Berechnungen, Nachweisen und Beispielen zur Integration technischer Gebäudeausrüstung vorliegen. Offen zugänglich sein wird es allen relevanten Zielgruppen über einen Leitfaden Holzbau, außerdem über Internetauftritte, Veröffentlichungen und Seminare.

„Die standardisierte Holzsystembauweise stellt Planungsinstrumente für Fertigung und Montage, Rückbaubarkeit und Weiterverwendung aller Bauteile bereit, ohne auf gestalterische Individualität und Vielfalt zu verzichten“, erklärt Prof. Wollensak. Das Holzbausystem berücksichtige ökonomische und ökologische Aspekte und belege die Wettbewerbsfähigkeit klimafreundlicher Holzbauten gegenüber herkömmlichen Bauweisen, so der Projektkoordinator.

Hintergrund:

Im Jahr 2020 erreichte die Holzbauquote in Deutschland bei Nichtwohngebäuden erstmals einen Anteil von 20,9 Prozent. Der Anteil der Wohngebäude in Holzbauweise lag 2020 bei 20,4 Prozent. Für die zuvor bis 2019 anhaltende Stagnation beim öffentlichen Bauen mit Holz gibt es mehrere Gründe:

Bei Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Bauvorhaben erweisen sich u. a. gesetzliche Regularien als Hemmnis für die Holzverwendung. Beispielsweise werden öffentliche Bauwerke aus Holz oftmals als Sonderbauwerke der Gebäudeklassen 4 und 5 eingestuft. Für diese Gebäudeklassen sehen viele Landes-Bauordnungen erhöhte Brandschutzanforderungen vor – etwa das Kapseln der Holzkonstruktion oder den Einsatz mineralischer Dämmstoffe –, obgleich inzwischen dokumentiert und in der Praxis bewiesen ist, dass Holzkonstruktionen mit 60, 90 oder mehr Minuten Feuerwiderstand möglich und sogar als Brandwand-Ersatzkonstruktionen einsetzbar sind.

Zudem gelten für öffentliche Gebäude erhöhte Anforderungen an den Schall- und den Feuchteschutz sowie an schadstofffreies Bauen.

Eine weitere Schwierigkeit für öffentliche Bauherren ist die Vorab-Entscheidung für eine der zahlreich auf dem Markt konkurrierenden Holzbauoptionen – etwa Holzrahmenbau, Raumzellen, Holz-Massivbau oder Systeme mit Holz-Verbundmaterialien. Ohne frühzeitige Festlegung auf ein System sind Detail- und Baukostenplanungen mit deutlichen Unsicherheiten behaftet.

Das Forschungsprojekt Ho_Sy will diese Problemstellungen mit einem offen zugänglichen, einfachen Holzbausystem für öffentliche Gebäude beantworten.

Die FNR ist seit 1993 als Projektträger des BMEL für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe aktiv. Sie unterstützt außerdem Forschungsthemen in den Bereichen nachhaltige Forstwirtschaft und innovative Holzverwendung und begleitet die Charta für Holz des BMEL.

Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. vom 21. Dezember 2021