Bereits ein Jahr nach dem ersten Spatenstich und einem vielversprechenden Start findet die Sphagnumfarm Barver hohe Anerkennung. Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) hat europaweit „best practice“ Klimaschutzprojekte zur Umsetzung des Green Deals der EU-Kommission gesucht. Und seit letzter Woche steht die Sphagnumfarm Barver mit auf dem Siegertreppchen beispielhafter europäischer Klimaschutzprojekte. Mit den „MoorFutures“ aus Mecklenburg-Vorpommern wurde noch ein weiteres deutsches Vorzeigeprojekt in Sachen Klimaschutz auf Moorböden ausgezeichnet.

Aus der Vogelperspektive: die nach Starkregen überstaute Anlage der Sphagnumfarm Barver
Aus der Vogelperspektive: die nach Starkregen überstaute Anlage der Sphagnumfarm Barver© Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz

Mit ihrem Green Deal hat sich die EU das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dabei betont der Präsident des AdR, Apostolos Tzitzikostas, „dass der Kampf gegen den Klimawandel in unseren Regionen und Städten gewonnen oder verloren wird“. Brüssel fordert also Klima-Engagement von und in den Regionen Europas, jede jeweils mit ihren eigenen Stärken. In Niedersachsen bieten sich im Bereich Klimaschutz seine vielen Moore an. Diese sind regionale CO2-Hotspots, verantworten sie doch 12 % der landesweiten Treibhausgase, im moorreichen Nordwesten noch deutlich mehr. Und hier ist gerade die Landwirtschaft gefragt: deutschlandweit tragen Moore 7 % zur landwirtschaftlichen Nutzfläche bei, verursachen aber 38 % der landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen.

Ein üppig wachsender Torfmoosrasen bindet bereits nach einem halben Jahr klimaschädliches CO2.
Ein üppig wachsender Torfmoosrasen bindet bereits nach einem halben Jahr klimaschädliches CO2.© Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz
Klimaschädliche CO2-Freisetzungen in Mooren können durch Bewirtschaftung bei flurnah angehobenen Wasserständen drastisch reduziert werden. Hierfür ist aber ein Umsteuern erforderlich: statt wie bisher gegen das Wasser zu arbeiten (Drainage), sollte zukünftig mit ihm gearbeitet werden (Vernässung). Dies gilt speziell vor den aktuellen Erfahrungen der letzten trockenen Sommer, die die Sinnhaftigkeit, Wasser in der Fläche zu halten, unterstreichen. Da traditionelle Landtechnik und Anbaukulturen jedoch nicht auf eine „nasse“ Moorbewirtschaftung eingestellt sind, ist hierfür eine Umstellung auf angepasste Nutzungskonzepte erforderlich, die Paludikulturen.

Und hier setzt die jetzt frisch prämierte Sphagnumfarm Barver an. Das Modellvorhaben wurde im Rahmen des Interregprojektes CANAPE im Landkreis Diepholz eingerichtet und hat im April 2020 den Versuchsbetrieb aufgenommen. Mit der (noch) ungewöhnlichen Produktion von Torfmoosen („Sphagnum“) auf typischem, degradiertem Hochmoorgrünland soll die Paludikultur in der Region bekannter gemacht werden. Neben den Praxiserfahrungen zu Einrichtung und Betrieb einer Sphagnumfarm ist dabei auch der Klimaschutzaspekt ein treibendes Moment des Projektes.

Der AdR betont in seiner Würdigung des Vorhabens, dass Pilotanlagen wie in Barver einen wichtigen Beitrag für die Etablierung der Paludikultur leisten: hier können betriebliche Prozesse technisch und ökonomisch optimiert werden, Organisation und Strukturen einer Verwertungskette aufgebaut werden, informelle Netzwerke und regionales Know-how etabliert werden und durch Beispiel und Inspiration die regionale Einführung erleichtert werden.

Die Sphagnumfarm Barver wird in den kommenden Jahren Erfahrungen in der Torfmoosproduktion auf regionaltypischem, degradiertem Hochmoor sammeln:

  • Flächeneinrichtung: Voraussetzungen und Anforderungen
  • Anlagenmanagement: Planung, Hydromanagement, Pflege, Ernte
  • Wirtschaftlichkeit: Erhalt bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen in der Torfmoosproduktion; technische Innovationsförderung; Torfmoosprodukte

Die dabei erzielten Erkenntnisse werden weitestmöglich gestreut, um diese effiziente Art des landwirtschaftlichen Klimaschutzes stärker ins Bewusstsein zu bringen und um die Paludikultur als torferhaltende Form der Landwirtschaft auf Hoch- und Niedermooren zu fördern.

Projektmanager Jens-Uwe Holthuis (Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz) freut sich über die europäische Anerkennung des Diepholzer Moorschutzengagements: „Hoffen wir, dass es reiche Früchte trägt und wir den Sprung in die Fläche schaffen! Mit dem AdR sind wir im Vorzimmer des EU-Parlaments angekommen, wodurch das Thema Paludikultur damit in Brüssel noch etwas sichtbarer wird.“

Weitere Information erteilt:

Dr. Jens-Uwe Holthuis
Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz
Projektleitung NSRP CANAPE
Europäisches Fachzentrum Moor und Klima

Auf dem Sande 11
49419 Wagenfeld/Ströhen
Mail: Bitte Javascript aktivieren!

Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz vom 11. November 2020