In einem Verbundprojekt haben Forscher ein neuartiges Verfahrenskonzept für zweiphasige Biogasanlagen entwickelt, das neben der Biogaserzeugung zusätzlich der Gewinnung von Säuren für die stoffliche Verwertung dient. Durch die Abtrennung und Aufreinigung überschüssiger Säuren aus der Hydrolysestufe lassen sich grüne Plattformchemikalien gewinnen, die herkömmliche Grundchemikalien aus fossilen Rohstoffen ersetzen.

Hydrolysereaktor der Universität Hohenheim
Hydrolysereaktor der Universität Hohenheim© Sebastian Reinhardt, Fraunhofer ICT

Während der Biogaserzeugung entstehen als Zwischenprodukt wertige organische Säuren wie z. B. Buttersäure sowie Capronsäure und Valeriansäure, die in erhöhten Konzentrationen hemmend auf die Methanbildung wirken. In der Futter- und Lebensmittelindustrie sowie in der Kosmetikbranche hingegen werden v. a. Buttersäurederivate z. B. für Aromen wie Apfel, Ananas, Erdbeere oder Aprikose eingesetzt. Im Vorhaben „OPTIGÄR - Entwicklung effizienter zweiphasiger Biogasanlagen über eine gekoppelte energetische und stoffliche Nutzung nach Abtrennung von Hydrolyseprodukten“ ist es Forschern gelungen, Säuren aus der Hydrolysestufe durch Membrantechnik zu extrahieren und aufzukonzentrieren. Diese können z. B. im Lebensmittel-/Futtermittelbereich als Basischemikalien eingesetzt werden und so einen wirtschaftlichen Mehrwert für die Biogasanlage schaffen.

Zur Steigerung des Säuregehalts in der Hydrolyse werden die Prozessabläufe gezielt durch Temperatur- und pH-Wertregulierung sowie Substratauswahl gesteuert. Die qualitative und quantitative Analyse der Carbonsäuren in Echtzeit und ohne Probenahme gelingt mit Hilfe der Infrarotspektroskopie und lässt sich automatisieren. Zur Übertragung des Messsystems auf Praxisanlagen müssen allerdings noch neue, anlagenspezifische Kalibrierspektren gemessen und entsprechende Prognosemodelle erstellt werden.

Die Abtrennung der Säuren aus dem Hydrolysat erfolgt mit Hilfe von Membrantechnik. Dabei geht die Gesamtheit der enthaltenen Fettsäuren (99%) in eine klare, schwebstofffreie Permeatlösung über. Die separierten Feststoffe werden zurück in den Fermenter gegeben. Da die Säuren als Säuregemisch vorliegen, erfolgt eine Trennung der Säuren untereinander durch die Kombination des Membranverfahrens mit einer Lösungsmittelextraktion und Destillation. So gelingt es, kurzkettige Säuren wie z. B. Buttersäure, Valeriansäure und Capronsäure nahezu vollständig zu extrahieren. Da der Aufwand des Trennverfahrens hoch ist, sind für eine wirtschaftliche Umsetzung der Säuretrennung weitere technische Verbesserungen erforderlich.

Das Verbundprojekt wurde von Forschern der Universität Hohenheim, der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung eingetragener Verein und des EIfER Europäisches Institut für Energieforschung EDF-KIT EWIV bearbeitet und durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie in der Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) unter den Förderkennzeichen 22410212, 22400515 und 22400615.

Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 14. April 2020